Obligatorisch und freiwillig versicherte Personen
1996 trat ein neues Krankenversicherungsgesetz (KVG, SR 321.10) in Kraft. Es verankert den Grundsatz einer obligatorischen Grundversicherung für alle Personen, die in der Schweiz wohnhaft oder beschäftigt sind.
Die gesetzlich festgelegten Grundleistungen können durch zusätzliche Versicherungsleistungen ergänzt werden. Solche Zusatzversicherungen sind fakultativ und werden nicht durch das KVG geregelt, sondern durch das Bundesgesetz über den Versicherungsvertrag (VVG, SR 221.229.1) vom 2. April 1908. Sie werden von privaten Versicherungsgesellschaften angeboten.
Übernahme der Pflegekosten
Gemäss KVG wird die Übernahme der Pflegekosten bei allen Versicherten gleich gehandhabt. Man spricht hier von Grundleistungen.
Hingegen verfügen die Privatversicherer im Bereich der Zusatzversicherungen über einen grösseren Spielraum: Das bedeutet, dass die Versicherungsbedingungen je nach abgeschlossenem Vertrag von Versicherung zu Versicherung anders aussehen können und für zwei Personen auch nicht zwingend gleich sind.
In Bezug auf die Übernahme der Pflegekosten muss daher zwischen der sozialen Grundversicherung und der privaten Zusatzversicherung unterschieden werden.
Sozialversicherung
- Aufnahmezwang: Die Krankenkassen dürfen keine Interessenten ablehnen. Das ist der sogenannte «Vertragszwang».
- Gleiche Prämien: Die Prämie darf nicht nach gesundheitlichen oder anderen Kriterien abgestuft werden. Für Männer und Frauen sind die Prämien gleich (Abstufung nur nach Region und Eintrittsalter möglich).
- Keine Vorbehalte möglich für Heilungskosten.
- Mutterschaft versichert (ohne Warte- oder Karenzzeit).
Privatversicherung (VVG)
- Freiwillige Aufnahme: Interessenten dürfen abgelehnt, Versicherte (z. B. Arbeitslose, schwangere Frauen) ausgeschlossen werden.
- Risikoabhängige Prämien: Die Kassen dürfen die Prämien individuell nach dem Risikoprofil des Versicherten abstufen.
- Vorbehalte möglich, im freien Ermessen des Versicherers.
- Oft ohne Mutterschaft: Leistungen bei Mutterschaft können ausgeschlossen werden oder sind nur gegen eine Mehrprämie versichert.
Beitragspflicht
Jede/r Versicherte bezahlt eine Prämie. In der obligatorischen Grundversicherung ist es den Krankenkassen verboten, die Prämie nach dem Geschlecht oder dem Eintrittsalter abzustufen. Hingegen dürfen die Krankenkassen die Prämien kantonal bzw. regional abstufen und Spezialprämien für Kinder und Jugendliche (unter 25 Jahren) anbieten (Art. 61 KVG). Für unter 18-Jährige müssen sie dies tun. Erlaubt sind zudem Prämienreduktionen bei besonderen Versicherungsformen (Wahl einer höheren Franchise, Bonusversicherungen, HMO- oder Hausarztmodell) (Art. 62 KVG).
Prämienverbilligung
Versicherte in wirtschaftlich bescheidenen Verhältnissen erhalten eine individuelle Prämienverbilligung. Jeder Kanton kennt ein eigenes Prämienverbilligungssystem. Daher unterscheiden sich auch die Höhe der Subvention, der Kreis der Berechtigten und die Art der Geltendmachung von Kanton zu Kanton (Art. 65 KVG).
Krankentaggeld
Die Schweiz ist das letzte Land in Europa, in dem die Erwerbsausfallversicherung bei Krankheit noch nicht obligatorisch ist. Dies ist eine grosse Lücke in unserem Sozialsystem.
Mehrere Vorstösse, die Taggeldversicherung für Arbeitskräfte obligatorisch zu erklären, sind gescheitert. Nach wie vor ist der Abschluss einer Taggeldversicherung also freiwillig.
Das bedeutet, dass eine Arbeitnehmerin in der Schweiz bei einer Arbeitsunfähigkeit (Art. 6 ATSG) aufgrund von Schwangerschaft oder Krankheit nicht zwingend versichert ist.
Wenn sie also in diesem Fall aus gesundheitlichen Gründen nicht zur Arbeit erscheinen kann, wird ihr der Lohn nur während einer begrenzten Zeit, die von der Anzahl Dienstjahre abhängt, weiter bezahlt. Wenn keine Versicherung oder grosszügigere vertragliche Regelungen vorhanden sind, kommt das Obligationenrecht zur Anwendung, das den Arbeitgeber dazu verpflichtet, den Lohn weiter zu entrichten, falls die Arbeitnehmerin die Arbeit ohne ihr Verschulden nicht leisten kann (Art. 324a OR). Hier ist jedoch darauf hinzuweisen, dass die Arbeitnehmerin kein Anrecht auf eine Lohnfortzahlung durch ihren Arbeitgeber hat, wenn sie sich in der Probezeit befindet oder wenn der Arbeitsvertrag für weniger als 3 Monate eingegangen wurde oder weniger als 3 Monate gedauert hat.